Wörtliche Zitate und Empfehlungen von Hildegard von Bingen
Die Benediktinerin, die für ihre medizinischen Texte und Beiträge auch außerhalb der Kirche recht berühmt ist, verfasste zwei Bücher zum Thema Gesundheit und Medizin mit den Titeln Physica und Causae et Curae . Während das erste die medizinischen Eigenschaften verschiedener Dinge der physischen Welt – von Steinen, Pflanzen und Tieren – beschreibt, befasst sich das zweite mit den Ursachen und Heilmitteln bestimmter Krankheiten.
Die medizinische Kenntnis der Hildegard beruhte auf ihrer eigenen praktischen Erfahrung mit den Kräutern und Pflanzen, die im Klostergarten wuchsen, und mit der Anwendung von Heilmethoden bei Kranken, sowie auf dem Studium antiker griechisch-römischer medizinischer Quellen.
Im Einklang mit der katholischen Tradition betrachtet die Hildegard den Menschen im Licht der Schöpfungsgeschichte im Buch Genesis: Die von Gott geschaffene Welt ist kein Kosmos des Chaos, sondern der Ordnung und des Ziels. In dieser Welt hat alles seinen richtigen Platz.
„Gott hat alles im Universum im Hinblick auf alles andere angeordnet.“
„Alles, was im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ist, ist von Verbundenheit durchdrungen, von Bezogenheit durchdrungen.“
Der Mensch ist nach dem Bild Gottes geschaffen und er ist das einzige Wesen, in dem Materie und Geist auf einzigartige Weise miteinander verschmolzen sind. Er ist sowohl ein körperliches als auch ein geistiges Geschöpf. Er ist wie die Tiere aus dem Staub der Erde geschaffen, doch Gott selbst hauchte ihm seinen Atem in die Nase. Jeder Mensch hat eine ewige Seele, die für die Gemeinschaft mit Gott geschaffen ist, für das Leben im Himmelreich – mit den Engeln. Der Mensch ist dazu berufen, ein Kind Gottes zu sein. Dieses religiöse Bild hatte Hildegard von Bingen tief verinnerlicht.
Alles auf der Erde ist mit der Berufung und Bestimmung des Menschen verbunden und ist dem Menschen zu seinem Gebrauch gegeben – jede Pflanze und jedes Tier, außer dem „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“, von dem Adam und Eva nicht hätten essen sollen. Nach diesem Leitprinzip betrachtete Hildegard von Bingen auch ihre Medizin und Heilkunde.
Heilung durch Essen und Fasten
Die Hildegard folgte der klassischen Theorie der vier Grundsäfte des menschlichen Körpers (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim), die Krankheiten als Folge eines Ungleichgewichts im Verhältnis dieser Säfte erklärte. Sie wandte diesen Rahmen auf die Nahrung an und klassifizierte die Auswirkungen, die das Wesen einer bestimmten Pflanze oder eines bestimmten Tieres auf die Säfte im Stoffwechselsystem des Menschen haben würde.
Wenn man an bestimmten chronischen Leiden oder einem allgemeinen Mangel an Kraft leidet, ist es fast immer ratsam, über seine Ernährung nachzudenken und einen neuen Weg auszuprobieren, was die Art und Weise betrifft, wie und was man isst. In den folgenden Kapiteln werden die Ernährungsempfehlungen von Hildegard von Bingen aus ihrer Schrift Physica vorgestellt. Die folgenden Zitate und Auszüge sind jedoch nicht erschöpfend. Es kann für manche lohnend sein, selbst herauszufinden, ob einige oder alle ihrer Empfehlungen hilfreiche Richtlinien zur Vitalisierung des eigenen Körpers sind.
Wörtliche Zitate und Empfehlungen zu Gewürzen und Kräutern von Hildegard von Bingen
„Zimt ist auch sehr scharf und hat starke Kräfte und enthält auch ein wenig Feuchtigkeit, aber seine Schärfe ist so groß, dass er die Feuchtigkeit unterdrückt; und wer oft davon isst, in ihm werden die schlechten Launen gemindert und gute Launen entstehen.“
„Muskatnuss hat viel Wärme und eine gute Mischung in ihren Kräften. Wenn ein Mann Muskatnuss isst, öffnet sie sein Herz, reinigt seine Sinne und bringt ihm eine heitere Stimmung.“
„Zitronenmelisse ist warm, und der Mann, der sie isst, lacht gern, da die Wärme seine Milz berührt und dadurch sein Herz erfreut.“
„Sowohl roh als auch gekocht ist es für jeden gut, gewöhnlichen Salbei zu essen, wenn ihn schlechte Laune plagen, weil er sie bekämpft.“
„Auf welche Weise auch immer man Fenchel isst, er macht den Menschen fröhlich und bringt ihm zarte Wärme und guten Schweiß und eine gute Verdauung.“
„Salz ist sehr scharf und ein wenig feucht und für viele Anwendungen sehr nützlich. Wenn ein Mensch Speisen ohne Salz isst, macht es ihn innerlich lau; wenn er sie aber mit mäßigen Mengen Salz vermischt isst, stärkt und heilt es ihn.“
„Beifuß ist sehr heiß und sein Saft ist sehr nützlich. Und wenn er gekocht und in einem Brei gegessen wird, heilt er die kranken inneren Organe und wärmt einen kalten Magen.“
„Cannabis ist warm und wächst, wenn die Luft weder zu heiß noch zu kalt ist, und das ist seine Natur. Sein Samen hat heilende Kräfte, und wenn gesunde Menschen ihn essen, bleibt ihre Gesundheit erhalten.“
„Ysop ist trockener Natur und mäßig warm und hat eine so starke Wirkung, dass ihm an der Stelle, an der Ysop gesät wird, nicht einmal ein Stein standhalten kann. Regelmäßig gegessen, vertreibt er den kranken und fauligen Schaum der Körpersäfte, das heißt: er schöpft sie ab (reinigt sie), so wie Hitze in einem Topf Schaum sprudeln lässt. Gekocht ist er für alle Arten von Gerichten nützlich (…).“
„Weinessig ist kalt und trocken und passt zu allen Speisen, wenn man ihn den Speisen so beifügt, dass ihnen der Geschmack nicht genommen wird, sondern man nur ein wenig Essig darin bemerkt. In so maßvollen Mengen eingenommen, vertreibt Essig die Fäulnis aus dem Menschen, vermindert die schlechten Launen in ihm und ebnet den Speisen den richtigen Weg.“
Wörtliche Zitate und Empfehlungen zu Tierprodukten von Hildegard von Bingen
„Hühnerfleisch ist gut für gesunde Menschen, macht aber nicht dick, wenn man es isst; und es belebt auch Kranke in gewisser Weise wieder.“
„Hirsch hat eine anstrengende Wärme im Inneren und ist weniger kalt, sondern warm, und ist friedlich und halbwegs vernünftig und isst reine Nahrung. Und sein Fleisch ist gut für gesunde und kranke Menschen.“
„Lamm (…) ist kalt, aber wärmer als Rindfleisch, und auch feucht und einfach, und es hat keine Bitterkeit oder Schärfe. Sein Fleisch ist gut für gesunde und kranke Menschen.“
„Kuhbutter ist besser und gesünder als Schaf- oder Ziegenbutter. Ein Mann, der kurzatmig ist oder hustet oder im Körper ausgetrocknet ist, sollte Butter essen, und es wird ihn von innen heilen und ihn wiederbeleben, da er schwach und dürr ist. Und auch für einen gesunden Mann mit mittlerer Figur ist es gut und gesund, Butter zu essen. Aber wenn er dick ist, sollte er sie nur in mäßigen Mengen essen (…).“
„Der Barsch ist eher in der warmen als in der kalten Luft heimisch und liebt den Tag, ist gern in der Sonne und im klaren Wasser und sucht dort auch seine Nahrung. (…) und deshalb ist sein Fleisch gesund und für Gesunde wie für Kranke wohlschmeckend.“
Interessant ist hier, dass die Hildegard dringend vom Verzehr von Schweinefleisch und Eiern abrät. In Übereinstimmung mit den Speisevorschriften der Kaschrut im biblischen Buch Levitikus stuft die Hildegard Schweine als „unreine“ Tiere ein, da sie Allesfresser sind. Sie ist auch keine große Befürworterin des Milchtrinkens und des Verzehrs von Lachs oder Hering.
Wörtliche Zitate und Empfehlungen zu Obst und Gemüse von Hildegard von Bingen
„Kichererbsen sind warm, mild, leicht und angenehm zu essen und sie verstärken nicht die schlechte Laune desjenigen, der sie isst.“
„Die Gartenbohne ist warm, für gesunde und starke Menschen ist sie gut zu essen und besser als Erbsen, denn wenn Kranke Gartenbohnen essen, schadet ihnen das nicht sehr (…). Bohnenmehl ist gut und nützlich für Kranke und Gesunde, da es mild und leicht verdaulich ist.“
„Kürbisse sind trocken und kalt und wachsen in der Luft. Sie sind gut zu essen für Kranke und Gesunde und verstärken nicht die schlechte Laune des Menschen.“
„Der Quittenbaum ist eher kalt als warm (…). Seine Frucht ist warm und trocken und hat eine gute Mischung, und wenn sie reif ist, schadet sie weder Kranken noch Gesunden, wenn sie roh gegessen wird, aber gekocht oder gebraten ist sie sehr wertvoll für Kranke und Gesunde.“ „
Und deshalb sind (rohe Äpfel) gut zum Essen für Gesunde, weil sie durch starken Tau reif wurden. Aber für Kranke sind rohe Äpfel ziemlich schädlich (…); doch gekocht oder getrocknet sind sie gut für Kranke und Gesunde.“
„Die Gurken sind feucht und kalt und wachsen von der Feuchtigkeit der Erde und sie bringen die Bitterkeit der Säfte des Menschen in Bewegung, für die Kranken taugen sie nicht zum Essen.“
„Die Kichererbse ist warm und angenehm und leicht zu essen und sie vermehrt dem der sie isst, nicht die üblen Säfte. Wer aber Fieber hat, der brate Kichererbsen über frischen Kohlen und esse sie und er wird geheilt werden.“
„Die Kohlarten sind von feuchter Natur und ihr Saft ist eher unnütz und in den Menschen werden Krankheiten von ihnen erzeugt und schwache Eingeweide werden verletzt.“
„Die Pilze, die über der Erde entstehen, welcher Art sie auch seien, sind wie Schaum und Erdschweiß, und dem Menschen der sie isst, schaden sie etwas, weil sie Schleim und Schaum in ihm verursachen.“
„Der Rettich ist mehr warm als kalt. Aber nachdem er ausgegraben ist, soll man ihn unter der Erde an einen feuchten Ort für zwei oder drei Tage ausgegraben liegen lassen, damit sein Grün gemäßigt werde, auf dass er umso besser zu essen sei. Und gegessen reinigt er das Gehirn und vermindert die schädlichen Säfte der Eingeweide. Denn wenn ein starker und fetter Mensch Rettich isst, heilt er ihn und reinigt ihn innerlich. Den Kranken aber und den am Körper mageren schädigt er.
Wer aber Rettich isst, der esse nachher Galgant, und dies unterdrückt den Gestank des Atems, und so schadet er dem Menschen nicht.“„Die Rübe ist mehr warm als kalt, und sie liegt schwer im Magen des Menschen, aber dennoch kann sie leicht verdaut werden. Und wer sie roh essen will, der schäle die ganze äußere Rinde, die dick ist, weil ihr Grün dem Menschen schadet. Und wenn die Rinde entfernt ist, esse er das, was innen ist. Aber gekocht ist sie besser als roh, und sie bereitet keine üblen Säfte.“
„Sellerie: Gekocht schadet er dem Mensche nicht beim Essen, sondern verschafft ihm gesunde Säfte, roh aber schadet er. Auf welche Weise er aber auch gegessen wird, versetzt er den Menschen in unsteten Sinn, weil sein Grün ihm bisweilen schadet und ihn bisweilen traurig in seiner Unbeständigkeit macht.“
„Zwiebel: Roh ist sie so schädlich und giftig zu essen wie der Saft unnützer Kräuter. Gekocht ist sie gesund zu essen, weil durch das Feuer das Schädliche, das in ihr ist, vermindert wird. Gut gekocht ist sie für jene gut, die Schüttelfrost oder Fieber oder Gicht haben. Jenen aber, die magerkrank sind, bereitet sie sowohl roh als auch gekocht Schmerzen, weil sie feucht ist.“
Wörtliche Zitate und Empfehlungen zu Getreide von Hildegard von Bingen
„Dinkel ist das beste Getreide, und er ist warm, fett, gehaltvoll und schmackhafter als andere Getreide; er gibt dem, der ihn isst, kräftiges Fleisch und kräftiges Blut sowie einen heiteren Geist und bringt Freude in die Laune des Menschen. Egal, ob man ihn in Brot oder in anderen Gerichten isst, er ist gut und schmackhaft.“
„Hafer ist warm, hat einen scharfen Geschmack und einen starken Geruch, und er ist ein angenehmes und gesundes Gericht für gesunde Menschen. Er gibt ihnen einen heiteren Geist und einen aufgeklärten und klaren Verstand und verleiht ihnen eine schöne Farbe und gesundes Fleisch. Und auch für diejenigen, die ein bisschen krank sind, ist es gut, Hafer zu essen, ob in Brot oder in Mehl, und es schadet ihnen nicht.“
Und was sagt Hildegard von Bingen zu alkoholischen Geränken? Wein oder Bier? Oder lieber gar nichts?
Und zu guter Letzt: Was sagte die Hildegard über vergorene Getränke wie Bier oder Wein? Welches der beiden bevorzugte sie? Wir finden in der Physica keine explizite Aussage zu Bier. Doch sie behauptet, dass Hopfen sehr wichtig und gut für die Frauengesundheit ist. D. h. Biersorten, die aus Hopfen gewonnen werden, sind eine förderliche Wahl für die Frauen. Wenn sie das Kochen und Auflösen von Heilkräutern in Alkohol beschreibt, um einen medizinischen Trank zu brauen, bezieht sie sich fast immer auf Wein. Und sie macht folgende allgemeine Aussage zu Wein:
„Der Wein, der aus dem Weinstock kommt, bringt gutes und gesundes Blut in dem hervor, der ihn trinkt, wenn der Wein rein ist (…).“
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